26 mars 2013

Aurora Ljungstedt und die ersten Kriminalromane Schwedens

Aurora Ljungstedt, geborene Hjort, wurde am 2. September 1821 als Tochter des Majors Georg Leonard Hjort und dessen Frau Fredrika Elisabet Älf in Karlskrona geboren und starb am 21. Februar 1908 in Stockholm. Ljungstedt war mit dem Bürochef Samuel Viktor Ljungstedt verheiratet und veröffentlichte ihre Werke unter den Pseudonymen Claude Gérard und Richard.

Bis zu ihrem 14. Lebensjahr verbrachte Aurora Ljungstedt in Blekinge in der gehobenen bürgerlichen Gesellschaft. Die Bildung erhielt das Mädchen, wie zu jener Zeit üblich, zu Hause. Mit 14 zog die Familie dann nach Kvillinge bei Kolmården. In dieser Zeit zeigte sich auch deutlich das schriftstellerische Talent von Ljungstedt und sie fasste den Entschluss Schriftstellerin zu werden, was die Mutter jedoch auf jeden Fall verhindern wollte, da dies keine Tätigkeit für eine ehrenhafte Frau war.


Auch wenn die Mutter nicht verhindern konnte, dass Aurora Ljungstedt ab den 40er Jahren ihre Erzählungen im Aftonbladet, der Zeitung Bore und später auch in der Nya dagligt allehanda veröffentlichte, so verzichtete die Schriftstellerin ihr Leben lang darauf ihre Arbeiten unter ihrem wahren Namen zu veröffentlichen und benutzte grundsätzlich männliche Pseudonyme. Diese Geheimhaltung verhinderte allerdings auch einen Umgang mit Gleichgesinnten und versperrte ihr den Zugang zu den literarischen Kreisen jener Epoche.

Erst nachdem Aurora Ljungstedt mit 25 Jahren geheiratet hatte, begann sie von Novellen auf Bücher überzugehen, die jedoch grundsätzlich über die Vermittlung ihres Mannes, der sie in ihrer Arbeit unterstützte, veröffentlicht wurden. Ab diesem Zeitpunkt wählte die Schriftstellerin auch eine Romanfigur Eugène Sues, der auch eines ihrer großen Vorbilder war, als Pseudonym. Außer bei ihrem ersten veröffentlichten Band Hin ondes hus aus dem Jahre 1853 verwendete Ljungstedt dann grundsätzlich das Pseudonym Claude Gérard, das erst 30 Jahre nach der Veröffentlichung ihres ersten Werkes durch Zufall aufgedeckt wurde.

Ähnlich wie bei Eugène Sue, so erschienen auch die Romane von Aurora Ljungstedt zuerst in Forme von Feuilletons und wurden erst später von Bonniers in Buchform veröffentlicht, wobei die  Schriftstellerin bei ihren Roman die Psychologie der handelnden Personen und der Gesellschaft in den Vordergrund setzte, eine Idee, die sowohl Sue als auch Edward Bulwer zu jener Zeit verarbeitet hatten, in Schweden jedoch bis dahin unbekannt war. Bei Ljungstedt führte diese Technik dazu, dass sie auf Grund ihrer teilweise übersinnlichen Erscheinungen als der Edgar Allan Poe Schwedens bezeichnet wurde und sich ihre Bücher zu absoluten Bestsellern entwickelten.

Die Schriftstellerin Aurora Ljungstedt war in vielen Punkten eine Erneuerin des schwedischen Romans, denn auch wenn ihre Romane zu Kriminalromanen gezählt werden, so schrieb sie den ersten Schreckroman Schwedens, den ersten Vorläufer eines Science Fiction und den ersten psychologischen Krimi, der je in Schweden veröffentlicht wurde. Um so erstaunlicher ist es daher, dass Ljungstedt nach ihrem Tode geradezu in die Vergessenheit geriet und nur noch einige wenige Literaturforscher sich an die Schriftstellerin erinnerten. Erst in den 80er Jahren, als der Kriminalroman in Schweden wieder einen Aufschwung erlebte, wurden auch einige Werke Ljungstedts neu entdeckt und wieder aufgelegt.

Eine Neuerung bei Aurora Ljungstedt war auch, dass sie in ihren Romanen Milieuschilderungen, vor allem aus Östergötland und der Umgebung von Kolmården, einbettete und damit dem Kriminalroman einen handelnden Platz gab, der nicht reine Fiktion war. Der Leser konnte sich daher auch in die Gegend der Handlung versetzen, was bis dahin in schwedischen Romanen unmöglich war.

Ein weiteres Stilmittel von Aurora Ljungstedt war, dass sie ihren handelnden Personen Gefühle gab und dabei auch die Sexualität und das Lustgefühl nicht aussperrte, wobei man an sehr vielen Stellen auch spürt mit welcher Ironie sie die Rolle der Frau in jener Epoche behandelt und dabei zu einer Vorläuferin der Feministen wird, auch wenn die Schriftstellerin es nicht wagte die gesellschaftlich gesetzte Grenze deutlich zu überspringen, was jedoch auch damit zusammenhängen kann, dass sie ihrem Mann beruflich nicht schaden wollte.

Die Kriminalromane von Aurora Ljungstedt zeugen von einem erstaunlichen Realismus, was Literaturwissenschaftler und Kritiker damit in Zusammenhang bringen, dass ihr Mann beruflich Zugang zu Kriminalakten hatte und ihr entweder einen Teil dieser Akten zu lesen gab oder aber ihr die Fälle erklärte. Ljungstedt hat zwar keinen der damaligen Fälle behandelt, da dies sowohl ihr als ihrem Mann große Schwierigkeiten eingebracht hätte, aber sie konnte aus diesem Grund in ihren Büchern zu einer Logik greifen, die der Realität sehr nahe kam.

Copyright: Herbert Kårlin

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