14 maj 2013

Eva Neander und die Einsamkeit der Frau am Rande der Gesellschaft

Eva Neander wurde am 3. April 1921 als Tochter des Volksschulinspektors Ernst Albin Neander und dessen Frau Emilia (Emy) Karolina Svanberg in Jukkasjärvi geboren und wurde ab 22. Februar 1950 vermisst. Neander, die nie verheiratet war, wurde am 5. März 1950 tot auf dem Eis des Sees Unden bei Tiveden gefunden.

Da der Vater 1923 nach Härnosand versetzt wurde, verbrachte Eva Neander ihre Kindheit auf einer Insel bei Härnösand. Als das Mädchen sechs Jahre alt war, starb der Vater. Wenige Jahre später heiratete die Mutter erneut und die neue Familie zog nach Borås, wo Neander auch zwischen 1932 und 1939 das Gymnasium besuchte. 1939 zog Familie Neander-Nyström dann nach Göteborg. 1941 legte Eva Neander in der westschwedischen Stadt auch die Hochschulreife ab und begann anschließend ein Studium an der Universität Göteborg, das sie in Uppsala fortsetzte, ohne jedoch je eine Abschlussprüfung zu machen.

Eva Neander, Staden, Albert Bonnier Förlag, Stockholm, 1947

Bereits als 12-jährige hatte Eva Neander ihre ersten Beiträge für die Sonntagsbeilage der Tageszeitung Svenska Dagbladet geschrieben und während des Studiums begann sie dann für den Västgöta-Demokraten Korrektur zu lesen sowie unter den Pseudonymen Tonia und dem Namen Eva-Caisa Neander für verschiedene Tageszeitungen Filme zu rezensieren, Gedichte zu schreiben und unterhaltsame Beiträge zu liefern.

Die literarische Karriere von Eva Neander begann im Jahre 1945, als sie mit ihrer Novelle Vilse eine Ausschreibung des Verlags Åhlén & Åkerlund gewann. Diese Novelle baute die Schriftstellerin dann zu ihrem einzigen Roman Dimman aus, der bereits 1946 erschien und von der Kritik sehr positiv aufgenommen wurde, da sie nicht nur in der Zeitströmung schrieb, sondern auch in ihrem ersten Werk bereits ihr Hauptthema verarbeitet hatte, das Gefühl eines Menschen, der zu keiner Schicht gehört zu beschreiben und daher die handelnde Person zum Betrachter der Gesellschaft macht.

Bereits ein Jahr später veröffentlicht Eva Neander die Novellensammlung Staden und den Gedichtband Död idyll, Werke, mit denen sie bereits den Durchbruch in der Welt der Literatur geschafft hatte und damit zu den vielversprechendsten Jungautoren Schwedens gehörte. Im Jahre 1949 erschient eine weitere Sammlung an Novellen und noch im gleichen Jahr begann die Schriftstellerin ihren zweiten Roman zu schreiben, dem sie den Titel Vattnet gab.

Dieser zweite Roman von Eva Neander sollte allerdings nicht mehr vollendet werden, da die Autorin im Februar 1950 spurlos verschwand und zwei Wochen später nahezu eingeschneit auf dem See Unden gefunden wurde. Allgemein glaubt man, dass Neander Selbstmord begangen hat, was man jedoch nur deswegen annimmt, da man keinerlei Spuren von Gewalt fand. Nichts kündigte jedoch diesen plötzlichen Tod an und Neander hinterließ auch keinen Abschiedsbrief, sondern war zur Zeit ihres Todes mitten im Schaffensprozess.

Eva Neander schrieb während der wenigen Jahre ihres Tätigkeit als Schriftstellerin fast ausschließlich über Frauen, die ihre Wurzeln verloren haben und auf der Suche nach Gemeinschaft, Wärme, aber auch der Freiheit sind. Ihren Hauptfiguren gelingt es jedoch nicht innerhalb der Gesellschaft aufgenommen zu werden, weil sie immer als „anders“ betrachtet werden, als der fremde Gast vor dem man sich vorsehen muss.

Im Gegensatz zu Karin Boye bei der der Selbstmord ihren Ruf als Dichterin fast noch hervorhob, trat bei Eva Neander nahezu das Gegenteil ein, denn nur wenige Jahre später schien sie fast vergessen zu sein und wenn man die Geschichte der Literatur der nordischen Frauen betrachtet, so ist die Schriftstellerin kaum erwähnt, wenn man vom Absatz absieht in dem die Verfasserin des Artikels darauf hinweist, dass Neander eine gewisse Zeit im gleichen Heim in Alingsås untergebracht war in dem auch Karin Boye ihre letzten Jahre verbrachte. Erst seit etwa zehn Jahren wird die Größe dieser Schriftstellerin neu entdeckt, die die Einsamkeit der Frau vermutlich besser ausdrückte als die meisten anderen schwedischen Schriftstellerinnen.

Wenn man die wenigen Bücher von Eva Neander liest, so entdeckt man sehr schnell das analytische Vermögen der Schriftstellerin, die, gerade als Außenseiterin der Gesellschaft, die Strukturen sehr gut kannte und den angepassten Bürger dem Bohemien gegenüberstellt und dem Leser das Kleinstadtidyll mit seiner Doppelmoral und seinen Vorurteilen sehr deutlich vor Augen stellt.

Ein Jahr nach dem Tode von Eva Neander veröffentlichte der Albert Bonnier Verlag in Stockholm posthum eine Novellensammlung, die den Beginn und das Ende der schriftstellerischen Karriere der Autorin dokumentiert, denn neben dem unvollendeten Roman Vattnet findet man auch die ersten Novellen der Schriftstellerin, die sie bereits in ihrer frühen Jugend schrieb und von den Sagen der Gebrüder Grimm beeinflusst waren.

Copyright: Herbert Kårlin

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